Argentinien, Buenos Aires, Palermo-Soho: unterwegs mit Sarah

Palermo Soho

Palermo Soho
– Gastbeitrag von Sarah –

Ich habe mich verliebt ❤️

Ich weiß nicht genau wo es passiert ist, oder wann… ^^‘ Irgendwo zwischen Serrano und Gurruchaga muss es gewesen sein; unter den vielen Bäumen, in einem der Straßencafés, bei einem Eis, Cafè Latte oder Glas Malbeck.

Meine neue große <3 Liebe <3 besteht aus 17,4 km² und über 252.000 freundlichen Gesichtern: Palermo. Am Ufer des Rio de la Plata, im Nordosten von Buenos Aires gelegen, flächenmäßig der größte Stadtteil der argentinischen Hauptstadt und nach meinem Geschmack der schönste.

Palermo besteht aus verschiedenen Unterstadtteilen, die das Stadtmosaik bunt machen. Herrschaftliche Gebäude im Kolonialstil, unschuldig weiße Kirchen, Fassaden in den Farben des Regenbogens, Villen, die ausländische Botschaften beheimaten, neben niedrigen Häusern, vor denen sich die Boheme versammelt. Bei einem Blick auf die Karte scheint das Auge Argentinien zu verlassen: Palermo-Soho, Palermo-Hollywood, Straßen, die Santa Fe, Córdoba, Honduras oder Costa Rica heißen.

Im letzten Jahrhundert zuhause

Man bekommt in Palermo so ziemlich überall und für jeden Geldbeutel ein Bett. Vom Hostel, über B&B bis hin zum chicen Boutique-Hotel. Ich empfehle eines der B&Bs in oder am Rande von Palermo-Soho. Vielleicht nicht die günstigste Variante, aber die beste Ausgangslage um das alternative Leben in Buenos Aires zu genießen.
Als puren Genuss würde ich auch das B&B Querido bezeichnen. Am Rande von Soho gelegen, eine absolute Empfehlung :star:. Genau genommen liegt es in Villa Crespo, dem angrenzenden Stadtteil von Palermo-Soho, bekannt für seine Restaurants, Bars und Cafés. Ein weiterer Pluspunkt: Auf dem Weg zwischen den Vierteln entdeckt man noch mehr verträumte Straßen, vibrierende Kneipen und Häuser aus vergessenen Zeiten.
Das Querido ist in einem gepflegten Altbau – wenn man durch Villa Crespo geht könnte man meinen, dass es nur Gebäude aus dem letzten Jahrhundert auf der Welt gibt – und ist mit viel Liebe zum Detail im Vintage-Stil eingerichtet. Dabei bedeutet Vintage nicht, dass man in einer 70er Jahre Nasszelle duscht 😉 An den wichtigen Stellen wurde alt und neu passend kombiniert. Da kann das Aufstehen aus dem Queensize Bed schon mal schwer fallen und das Frühstück lädt ebenfalls dazu ein, etwas länger sitzen zu bleiben.
Das Herz des Querido ist sein Besitzer: Alastair, Brite, verheiratet mit einer Brasilianerin, passionierter Porteño (Einwohner Buenos Aires). Mit leuchtenden Augen markiert er auf der Karte die wichtigsten Punkte im Viertel, gibt Insidertipps zu den Sehenswürdigkeiten. Fragt man ihn nach Restaurantempfehlungen ist seine Begeisterung so ansteckend, dass man ihn am liebsten mitnehmen würde.BuenosAires

La Cuisine: Von Argentien nach Armenien

Eine dieser Restaurantempfehlungen ist das Sarkis, ein Armenier. Als Einwandererland hat Argentinien viele große ausländische Gemeinden, deren Mitglieder bereits in mehreren Generationen hier leben. Sie haben die Küchenlandschaft geprägt. Wenn man in Buenos Aires ist, sollte man Steak genießen, aber vor allem auch das vielfältige und authentische Angebot der globalen Gastronomie nutzen.
Im Sarkis (Thames 1101, abends täglich ab 20:00 Uhr) ist es alleine schon ein Erlebnis, einen Tisch zu ergattern. Auf Raten von Alastair sind wir an einem Samstag bereits vor acht da – für uns normale Essenzeit, für den Argentinier an sich verrückt 😉 Verrückt geht es auch vor der Tür ab: Das Lokal noch geschlossen, nennen wir dem Türsteher, der durch die Menschentraube vor dem Lokal geht, Namen und Personenanzahl. Wir haben Glück und kommen nach Öffnung in das Lokal, andere müssen zwei Stunden auf die nächste Runde warten. Dabei hat das Sarkis gefühlt die Größe einer Großraumdisko und auf den ersten Blick den Charme einer Mehrzweckhalle zu Schützenfestzeiten ❓ Dennoch: Essen und Service – absolut empfehlenswert. Ich weiß jetzt, warum andere bereit sind zu warten 🙂 Der Kellner hilft uns bei der Bestellung und erklärt, welche Gerichte wir besser teilen sollten. Wir hatten zu zweit als Vorspeise Hummus, Babaganoush, Tabouleh und Hojas de repollo rellenas (gefüllte Weinblätter) und zum Hauptgang Köfte. Klingt alles nicht unbekannt. In seiner Geschmacksvielfalt war es aber nie dagewesen und inkl. Weinflasche und Wasser für umgerechnet 45€ ein echter Schnapper 🙂

In Palermo Soho gibt es wahrscheinlich mehr Restaurants als Sand am Meer. Empfehlungen sind gut, eine eigene Entdeckungstour noch besser. Rund um den Plaza Armenia und den Plaza Serrano bieten die Cafés bis zum Nachmittag Brunch an. Die Nachfrage bestimmt das Angebot. Wer erst um 22:00 Uhr zu Abend isst, feiert bis zum Morgengrauen und braucht bestimmt kein Frühstück vor Mittag. Egal wo man startet, ein jugo fresco (frischer Saft) bringt einen zurück ins Leben (um 5€). Um über den Tag zu kommen gehen immer und an jeder Ecke Empanadas (gefüllte Teigtaschen) und zum Nachtisch Alfajores (ein Doppelkeks aus Mürbeteig, am besten mit Dulce de Leche gefüllt) oder Eis. Der Preis von letzterem bewahrt die Hüften zum Glück – oder leider, alles eine Frage des Geschmacks – vor größeren Schäden 😉

Irgendwann landen wir in einem Laden, der voll ist. Immer. Davor, darin. Mittags, abends, nachts. Die Leute, hipper als in Kreuzberg, sitzen auf klapprigen Stühlen auf dem Bürgersteig und springen auf um ihre Bestellung abzuholen, sobald jemand von drinnen ihren Namen brüllt. Burger Joint (Borges 1766), DER Burgerladen von Palermo. Wir hatten den Veggi-Burger, den Mexican-Burger und Pommes. Ich erinnere mich, dass das Essen gut war. Hängen geblieben ist aber der Laden an sich: Ein gepflegtes Chaos mit einem Burgerbrater-König am Grill, den die Gäste anbeten, vollgetagten Wände, vor denen keine Sprachgruppe halt gemacht hat, und die beste Gelegenheit, alle Hipster dieser Welt zu beobachten 🙂 Für Buenos Aires ist der Spaß mit umgerechnet 10€ pro Menü auch preiswert. Burger Joint

Das Leben ist zu kurz, um schlechten Wein zu trinken 🙂

Darum melden wir uns Freitagvormittag bei Lo de Joaquin Alberdi (Jorge Luis Borges 1772, ca. 20€) für eine Weinprobe am Abend an. Mit zehn Argentiniern und Brasilianern lassen wir uns in die Welt des argentinischen Weins einführen. Vorgestellt werden fünf Weine eines Weinbauers aus Mendoza. Die Einführungen sind leider etwas dünn, im ersten Moment bin ich enttäuscht. Doch alle Fragen, die die Gruppe hat, beantwortet die Sommelière ausführlich. Wir sind die einzigen, die kein Spanisch sprechen, aber die Sommelière springt für uns immer wieder ins Englische, wiederholt auch die Fragen der anderen Teilnehmer und übersetzt unsere Fragen und Antworten für die Gruppe. So entsteht eine lustige Spanisch-Englisch-Diskussion an deren Ende mehr als die anfänglichen fünf Weinflaschen geleert sind. Es ist eine herrliche Weinprobe bei der vielleicht nicht das Fachwissen im Vordergrund steht, dafür aber das gemütliche Beisammensein und Genießen.

Nach der Weinprobe lassen wir den Abend auf dem Plaza Serrano ausklingen. Hier treibt es uns das gesamte Wochenende jeden Abend hin, egal was am Tag auf dem Programm steht 🙂 Argentinien hat zurzeit eine inoffizielle Inflationsrate von 25%, sparen lohnt sich nicht. Die Alternative für die Porteños: das Geld ausgeben und leben. Über dem Plaza schwebt jeden Abend eine Wolke aus den unterschiedlichsten Sprachen, Essensdüften, Straßenmusik und Lebensfreude. Wir ergattern einen Tisch am Rand und beobachten das Treiben: Die Straße wird zum Catwalk, in der Mitte des Platzes findet spontan ein Live-Konzert mit Tanzeinlage statt, um uns herum sitzen große Gruppen, trinken Wein und Bier und essen bis weit nach Mitternacht.

Straßen von Palermo

Der Plaza Serrano ist neben dem Plaza Armenia das Herzstück von Soho.

Die Plätze und die umliegenden Straßen locken am Tag mit Kunstmärkten und kleinen Designerlabels neben den großen Ketten. Hier gibt es Kleidung, Lederwaren, Schmuck, Möbel, Deko-Artikel, Souvenirs, Kunst und Dinge, die sich für Kunst halten. Auf der Gurrachaga reiht sich Diesel neben Converse, Lacoste, Puma und anderen Namen. Rund um Honduras schlägt das Vintage-Herz höher und wer etwas mehr für besondere Kleidungsstücke ausgeben möchte, sollte sich auf der Malabia umsehen. Es macht Spaß, durch die Geschäfte zu streifen, aber der große Shopping-Kick bleibt aus. An dieser Stelle ist Buenos Aires fast zu europäisch – London, Paris, Mailand, Berlin zu gleich. Was ich zuhause vor der Tür haben kann, muss ich nicht mehr als 10.000 Kilometer weiter westlich kaufen 😉 Außerdem sorgen die argentinische Inflation und der schlechte Dollar- und Eurokurs dafür, dass für Schnäppchenjäger selbst die Outlets langweilig sind.BuenosAires Palermo Soho

Palermo hat keine herausragenden Sehenswürdigkeiten. Es sind die Vielfalt des Viertels, die unterschiedlichsten Menschen und die Lebensfreude, die es zu einer Attraktion machen. Ich war mit meinem Freund ein Wochenende in Buenos Aires: Um das Viertel zu erobern, haben wir uns durch die Straßen treiben lassen, saßen in Cafés und beobachteten die Welt vor uns. Mehr brauchte es nicht 🙂

Ich bin verliebt und will irgendwann wiederkommen. Unbedingt <3

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.