Das Schönste in Marrakesch…

Djemaa el Fna Marrakesch

..war meine Abreise. Marrakesch hat mich nicht gekriegt. Leider. Voller Vorfreude und großer Erwartung war endlich der Tag gekommen, wo wir von Rabat aus mit dem Zug nach Marrakesch fuhren. Grund oder vorrangiges Ziel meiner Marokko-Reise sollte Marrakesch sein. So viele tolle Bilder und Berichte von 1001 Nacht hatte ich schon gesehen, mein Bild im Kopf war bunt, aufregend und mit einer ganz besonderen Atmosphäre versehen. Am Bahnhof angekommen, nahmen wir uns ein Taxi und damit ging die elendige Geschichte auch schon los…

Unsere Ankunft in Marrakesch

Unser Riad lag mitten in Medina, der verwinkelten, abgerockten und mit kleinen Gässchen durchzogenen Altstadt. Unser Taxifahrer, mit dem wir vorab einen Preis verhandelten, fuhr wie ein Irrer durch die Straßen, nahm mit seinem Spiegel einen Rollerfahrer mit und beschwerte sich dann auch noch. Ebenso interessierten ihn die vielen Fußgänger nicht. Der Schweiß brach aus.. Ich kenne einen zackigen Fahrstil ebenso aus anderen Ländern, aber keinen so aggresiven. Gut, es ist Ramadan, vielleicht hatte er Hunger. Wir kamen an unserem Tor an, von dem aus wir zu Fuß weiter mussten. Der Taxifahrer verlangte aufgrund des so großen Verkehrs nochmal mehr, wurde laut und schon standen mehrere marrokanische Männer um uns herum. Alles klar, scheiß auf den Euro. (Sorry für den Wortlaut, aber genau das habe ich gedacht). Herzlich Willkommen in Marrakesch 😀 Ein toller Start..

Wir machten uns mit Google Maps in der Hand auf zum Riad. Auf dem Weg dorthin kamen immer wieder marrokanische Männer, Jungs und Kinder zu uns, die uns den Weg zeigen wollten. Wir lehnten jedes Mal dankend ab, denn im Vorfeld hatten wir bereits gehört, dass sie dann Geld verlangen. Überall kleine Gassen, dazwischen eine Ruine, alle Häuser in einem rot-braun Ton. Teils verlassen, teils bewohnt, teils behaust. Wir biegen ab, links, wieder rechts, durch eine dunkle Gasse, schmaler wird es, wir ziehen den Kopf ein, noch eine Ruine, ganz viel Müll und dann stehen wir vor einer schweren Holztüre mit Metallbeschlägen: Unser Riad. Oookaaay….

Unser Riad in Marrakesch

Bei unsere Ankunft war erst niemand da, doch die Nachbarn waren sehr freundlich und halfen schnell. Kurze Zeit später war Rachid da. Skeptisch gingen wir hinein und blickten uns um. Wow! Ich bin echt geplättet, was für ein wundervoller Ort. Puh, erstmal durchatmen. Zumindest hier beginnt mein Märchen aus 1001 Nacht, endlich 😉 Das Riad Merstane ist eine Oase der Ruhe, egal ob auf dem Zimmer, im Innenhof oder auf der Dachterrasse: die Atmosphäre ist unglaublich friedlich und damit so konträr zu dem Treiben vor unserer Haustür.

Hotel Marrakesch

Unglaublich… Es ist einfach schön. Der Innenhof ist wunderschön, mit vielen Pflanzen in großen Tontöpfen, rankenden Blumen und Tischen mit dem typischen Mosaikmuster. Die authentische Einrichtung des Riads überzeugt mich sofort mit seinem traditionellen Charme, einfach zum Wohlfühlen und das Abtauchen in die marrokanische Kultur fällt hier ganz leicht, hier zumindest. Der Service ist gut  und das Personal ist sehr freundlich! Die Dachterrasse ist perfekt für eine Siesta im Schatten während der heißen Nachmittage in Marrakesch, dazu ein leckerer Minzteee und der Wohlfühlfaktor ist perfekt. Das Frühstück war ebenso perfekt und super lecker.

Riad Marrakesch

Wer sich drauf einstellt, dass der Weg zum Riad nicht ganz ohne ist, obwohl uns Rachid mehrfach versicherte, dass es in der Gegend total safe sei, hat mit dem Riad Merstane eine gute Wahl getroffen.

Die Irrwege der Medina von Marrakesch

Ich kam mir vor wie in einem Lybyrinth, ohne Ende, verfolgt von marrokanischen Halbstarken, die einem angeblich nur den Weg zeigen wollen und uns aber den ganzen Weg begleiteten und immer mehr wurden. Wir wollten uns an einem Tag einfach nur durch die Medina treiben lassen. Schnell merkten wir, dass es ohne Google Maps wohl aussichtslos ist, doch selbst damit verirrten wir uns. Immer wieder liefen Jungs und Männer hinter uns her, begleiteten uns weiter, immer wieder mit den Worten „wrong way“ und „its closed“. Wir wollten uns dennoch nicht beirren lassen, gingen weiter, immer schneller und versuchten die mittlerweile fünf Jungs loszuwerden. Doch sie folgten uns, immer weiter.. Wir fühlen uns immer unwohler. Was machen wir, wenn hier nun etwas passiert? Keine Ahnung, lieber nicht daran denken. Aufeinmal gab es einen Tumult, die Jungs blieben dabei stehen und weg waren wir. Schließlich waren wir wieder auf dem uns bekannten Weg und atmeten erst einmal durch. Puh, das hinterließ kein gutes Gefühl bei uns.

Mein Tipp: Lasst euch nicht helfen. Die Jungs wollen am Ende nur euer Geld für Ihre Hilfe haben. Bleibt auf eurem Weg, haltet euch an Google Maps und sucht die Nähe von anderen Touristen.

Der Platz Djemaa el Fna

Das Zentrum von Marrakesch ist der Platz Djemaa el Fna. Hier treffen sich Gaukler, Schlangenbeschwörer, die Ihre Schlangen mit Flöten in die Höhe tanzen lassen, Trommler, Tanzgruppen, Affenbesitzer, die ebenso ihr Fotomotiv verkaufen möchten und Essensstände, die um jeden Gast range(l)n. Oha! Wir laufen im Slalom über den Platz. Immer hast du jemanden neben dir laufen, der ein Foto verkaufen möchte, dir ein Henna-Tatoo verpassen möchte oder der das beste Essen der Stadt anbietet. Ein freundlichen „No, thank you.“ verstehen die Händler nicht, erst beim dritten, vierten Mal, wir gehen einfach weiter. Anschließend werden wir auf marrokanisch, oftmals auch auf englisch beschimpft. Krass…. Gleichzeitig halten wir unsere Wertsachen ganz fest. Es ist schrill, es ist laut, es ist skuril, aggresiv, voll und bunt, ich möchte aus der Schußlinie… Es ist mir einfach viel zu viel, zu viel Heckmeck. Die Atnosphäre hat nichts mit 1001 Nacht zu tun. Es ist der reinste Touri-Nepp. Bist du nicht bereit Geld in der Form wie es von den Händlern gewünscht wird auszugeben, wirst du beschimpft, die Atmosphäre ist unheimlich. Ich fühle mich erneut nicht wohl.

Wir flüchten uns zu einem der Essensstände, hier steigt der Rauch der Grills empor. Wir bestellen aus der Karte. Bekommen noch einen Dipp dazu, die Chicken-Spieße gemixed (mit einer anderen Marinade) und ein trockendes Brot dazu. Schließlich bezahlen wir alles, was man uns einfach so auf den Tisch stellte (und scheinbar nicht zum Gericht gehörte) extra. Ohne Vorwarnung. Der Chicken-Spieß mixed war schließlich doppelt so teuer wie der eigentlich bestellte. Als wir nachfragen wird auch hier die Stimmung gleich aggresiv, wir zahlen einfach und machen uns ohne Diskussion aus dem Staub. Schade, vielleicht wären wir sogar bereit gewesen mehr zu bestellen, durchzuprobieren, aber so fühlen wir uns einfach nur verarscht. Marrakesch Djemaa el Fna

 

Auf einer der umliegenden Dachterassen hatten wir einen entspannten Abend, überblickten das Geschehen und schauten der Abzocke von oben aus weiter zu, aus sicherer Entfernung. Kurz vor Sonnenuntergang wird es hektisch… Alle waschen sich Hände, Gesicht und Füße. Nach Sonnenuntergang, um ca. 19.30h, beginnen die Muezin durch ihre Lautsprecher zu singen. Jetzt dürfen alle Marrokaner wieder essen und trinken. Skuril…

Ich fand es spannend einmal gesehen zu haben, schließlich war es mein Ziel. Aber meine Euphorie hälst sich in Grenzen. Gleichzeitig denke ich darüber nach wie man diesen Ort oder sogar Marrakesch generell als toll empfinden kann. Ich kann dem nichts abgewinnen und ich bin mir sicher es lag nicht an meiner hohen Erwartungshaltung oder Vorfreude. Ich bin enttäuscht und bin nachdenklich.

 

Hart aber ehrlich: Marrakesch, nein danke

Und gleichzeit tut es mir sehr leid, wenn ich dies schreibe. Die Stadt hat mehr verdient, gerade weil ich sie mir so toll vorgestellt habe. Marrakesch hat mich nicht gekriegt. Die tollen Gewürze, die Teppiche, die silbernen Kerzen- und Lampenhalter, die bunten Farben, die romantische Ursprünglichkeit versprechen so viel. Die Fotos sehen allesamt toll aus. Einfangen kann man auf den Fotos aber nur schwer eine Szene, eine Atmosphäre oder ein Gefühl. Und genau das hat für mich persönlich in Marrakesch nicht gestimmt. Fotos von Einheimischen habe ich keine gemacht. Ich habe mich schlichtweg nicht getraut zu fragen. Was macht eigentlich ein Land aus? Ist es nur das berühmte Gebäude oder ist es eine Atmosphäre, die Gastfreundschaft der Menschen vor Ort? ..ich bin enttäuscht.

..Mittlerweile habe ich den Artikel seit einem halben Jahr fertig und konnte mich bisher nicht durchringen ihn zu veröffentlichen. Nun bin ich mir sicher, neben den tollen und authentischen, positiven Erfahrungsberichten aus Marrakesch, die es im Netz zu Hauf gibt, soll es auch meinen Artikel geben. Mit ehrlichen Worten, ungeschönt und ebenso authentisch.

Wie habt ihr Marrakesch erlebt? Welche Erfahrungen habt ihr gemacht? Ich freue mich auf eure Kommentare.

5 Comments

  • Wie schön dass zumindest das Riad hielt was es versprach! Sieht wirklich toll aus! Wir kommen gerade aus dem ersten Marokko-Urlaub (im Oktober) und waren sehr begeistert! Vielleicht aber auch gerade weil wir Marrakesch einfach ausgelassen haben (passte nicht optimal in unsere Route und keiner von uns wollte es *unbedingt* sehen). Ehrlich gesagt hatte ich befürchtet es wäre an vielen Orten wie du es beschreibst, aber im Süden auf unserer Reise war es überraschend entspannt! Nur tolle Unterkünfte, sehr herzliche Gastgeber, sehr hilfsbereite Menschen (da waren dann eher wir skeptisch ob es wirklich nur nett gemeint ist) und auch die Händler erfreulich unaufdringlich. Fes war unsere größte Stadt, die Medina ist ein faszinierendes Labyrinth aber wir wurden nur sporadisch angesprochen. Taroudant und Essaouira waren ebenfalls Highlights! Zur Orientierung können wir unterwegs kaum noch ohne Maps.me auskommen, im Gegensatz zu Google sind da selbst die kleinsten Gassen und Pfade erstaunlich genau eingezeichnet und alles funktioniert wunderbar offline! Hier ein kleiner Einblick zu Taroudant: https://timafe.wordpress.com/2018/10/27/taroudant/ LG Mary & co

  • Es tut mir leid, dass Du so schlechte Erfahrungen in Marrakesch gemacht hast. Aber ich finde es auch gut, dass Du darüber schreibst. Warum soll man alles schönreden?
    Ich fand Marrakesch toll, selbst als ich allein über den Djemaa El Fan gelaufen bin. Ansonsten kann ich auch den Souk von Taroudant empfehlen. Der war ganz entspannt, und ich hatte viel Spaß mit den Händlern. Vielleicht gibst Du Marokko nochmal eine Chance?

  • Hallo Tina,
    ein schöner und ehrlicher Post! Uns ging es letztes Jahr auf unserer Marokko-Reise ähnlich. Allerdings hatten wir damals auch schon im Voraus von einigen anderen Reisen gehört, dass man Marrakesch nicht als Maßstab für Marokko nehmen sollte und es den wenigstens gefallen hat.
    Auch wir waren nach 2 Wochen Marokko und verschiedenen Stops und Bekanntschaften überrascht, dass Marrakesch so anders ist – leider im negativen.

    Aber man darf sich davon auch nicht einschüchtern lassen. Unser Fazit war: Marokko seeehr gerne wieder, aber nach Marrakesch müssen wir kein zweites Mal. 😉

    Liebe Grüße
    Stefan

  • Hallo Tina,

    Wir waren ebenfalls im Frühjahr in Marokko und für uns war Marrakesch auch nicht das Highlight, als das es oft gepriesen wird.
    Den Djema al Fnaa fanden wir auch ziemlich furchtbar.
    Die Faux Guides haben wir zum Glück nicht so aufdringlich erlebt wie du. Vielleicht lag unser Riad in einer ruhigeren Ecke der Medina.
    Auf unserer Reise durch Marokko hat uns von den Städten Rabat sehr gut gefallen, auch Meknes war schön.
    Am besten gefiel uns jedoch die Landschaft. Im Anti-Atlas, in der Sahara und im Draa Tal war es wunderschön.

    Liebe Grüße

    Gina

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